Die Tschechow-Bibliothek sichtete alle eingereichten Unterlagen und faßte die Ergebnisse des jährlichen Wettbewerbs „Mein Tschechow“ zusammen. Am Geburtstag des Schriftstellers (29. Januar 1860) fand die ‚Preisverleihung 2018‘ statt.
Die Hauptziele dieses Wettbewerbs, der im Rahmen des Projektes „Gemeinsam Tschechow lesen“ lief, sind die Verbreitung der Werke von Anton Tschechow; das Wecken des Interesses von jungen Menschen für russische Klassiker; die Suche nach talentierten Kindern, die ihre Fähigkeiten im literarischen Schreiben zeigen sowie deren Unterstützung. Die Wettbewerbsarbeiten zum Thema „Mein Tschechow“ wurden in der Kategorie ‚Literarische Werke‘ nach Essay, Aufsatz und anderen Schreibformen bewertet.
Für den Wettbewerb wurden 85 kreative Arbeiten eingereicht. Die Teilnehmer waren Schüler im Alter von 6 bis 18 Jahren, die nicht nur aus Kaliningrad und dem Kaliningrader Gebiet stammten, sondern aus vielen Städten Rußlands, z.B. Moskau, St. Petersburg, Rostow am Don, Irkutsk, Wladiwostok, Tomsk, Irkutsk, usw. Die Jury, geleitet vom Vorsitzenden des Schriftstellerverbandes Rußlands, Oleg Gluschkin, bestand aus Kaliningrader Autoren, Linguisten, Bibliothekaren und Lehrern.
Die Ehrengäste der Preisverleihungszeremonie waren Boris Bartfeld, der Vorsitzende des lokalen Kaliningrader Schriftstellerverbandes, Jürgen Leiste, Koordinator des Anthropos e.V. und Tatiana Talezkaja, Tutorin der Wissenschafts- und Forschungsaktivitäten in der allgemeinbildenden „Schule der Zukunft“ in Bolschoje Issakowo.
Höhepunkte der Zeremonie waren der Auftritt von Schülern aus der Glier-Musikschule, Kaliningrad und die Inszenierung von Tschechows „Das Tagebuch eines Mädchens“ durch das Theaterstudio „Del-ka“ – das Publikum war begeistert.
Die Preise für den Wettbewerb wurden vom Anthropos e.V. zur Verfügung gestellt. Die Gewinner bekamen wunderbare Bücher von Anton Tschechow und regionalen Autoren sowie verschiedene Lexika.
Elena Kotowa
Mitarbeiterin der Tschechow-Bibliothek
Essay zum Thema „Tschechow – ein Traum oder Realität“
Es ist Abend. Der Schneesturm und der Flockenwirbel dringen in die aufziehende Nacht. Das Schneegestöber wird immer stärker. Mit den Rhythmen dieses Wetters stapfe ich nach Hause. Durch den Schneeschleier zwänge ich mich wie durch das „Dickicht des Dschungels“. Ich erahne, daß ich in einer unbekannten Gasse gelandet bin. Es wird unheimlich – nichts ist über die ausgestreckte Hand hinaus sichtbar, aber ich gehe weiter. Die Geräusche des Schneesturms donnern in meinen Ohren wie ein Glockengeläut. Im Schneegestöber versuche ich Silhouetten zu erkennen, aber es ist vergeblich. Es erscheint mir so, als ob jemand neben mir laufen würde.
Doch plötzlich sehe ich vor mir ein Haus, es ist wohl aus Holz gebaut. Ich komme näher; dieses Haus zieht mich wie eine magnetische Kraft an. Durch die eisigen Muster an den Fenstern sehe ich ein schwaches Licht. Ich komme näher und näher – an ein Fenster.
Ich werde neugierig und möchte hineinschauen; vielleicht ist es nur wegen der Kälte, daß man sich zu einer gemütlichen Hütte hingezogen fühlt. Ich erwärme das Fensterglas mit meinem Atem und bekomme einen kleinen Durchblick. Ich schaue hinein und sehe…
Ich sehe ein ungewöhnliches und unglaublich gemütliches Arbeitszimmer, das einem Museum ähnelt. Dieses Zimmer ist sehr geräumig und ich möchte es mit den eigenen Schritten vermessen und herausfinden, wie groß es ist. Ich sehe große Regale mit vielen Büchern und am Fenster einen Schreibtisch. Das Zimmer hat einen Kamin, in dem ein helles Feuer brennt. In der Nähe des Kamins steht ein alter Sessel, bezogen mit einer gemütlichen Decke. Und im Sessel…
Und im Sessel – ER – Anton Pawlowitsch…
Wie kann das sein? Wie erklärt man das?
Hier bin ich – ein gewöhnlicher, moderner, städtischer Junge, und da ist er – ein großer Schriftsteller, Prosaiker und Dramatiker des neunzehnten Jahrhunderts…
Ich bin wie betäubt. Anton Pawlowitsch sitzt im Sessel. Er liest, liest und liest. Vielleicht sind es medizinische Bücher?
Ich fange an zu realisieren, daß ich die Grenze zwischen Realität und dem, was mit mir gerade passiert, überschritten habe. Ich denke, es ist der Schneesturm. Solche Wundersachen geschehen mir!
Plötzlich wirbelt ein Windstoß mich in den Tanz der Schneeflocken. Da ich es nicht erwartete, machte ich die Augen fest zu und gehe ein paar Schritte zurück.
Als ich meine Augen öffne, erkenne ich, wo ich bin: Es ist mein Zuhause am Moskowski-Prospekt. Der Schneesturm läßt nach.
War all das ein Traum oder Realität? Ich weiß es nicht. Aber es hinterließ in mir einen unauslöschlichen Eindruck.
Jetzt warte ich gespannt auf den nächsten Tag, an dem ich in der Bibliothek vorbeischaue, um Bücher von Tschechow auszuleihen und um einige seine Erzählungen noch einmal zu lesen. Sie sind immer sehr atmosphärisch, haben etwas Besonderes….
Shdanow Gleb,14 Jahre
Gewinner 2018 in der Kategorie ‚Essay‘